Die Kuckucksuhr
Für den Schwarzwald gibt es zahlreiche typische Dinge, die auch weit über seine Grenzen hinaus bekannt sind. Neben Bollenhut und Schwarzwälder Kirschtorte sind es vor allem aber Kuckucksuhren, die sich internationaler Bekanntheit erfreuen. Woher kommt aber die Kuckucksuhr? Was macht eine herkömmliche Uhr zur waschechten Schwarzwälder Kuckucksuhr? Und muss man den Vogel in der Uhr eigentlich regelmäßig füttern? Dieser und zahlreicher anderer Fragen wollen wir uns im Folgenden einmal annehmen.
Wie der Kuckuck im Schwarzwald in die Uhr kam…
Warum wohnt eigentlich ein Kuckuck in den Uhren? Es könnte doch ebenso eine Nachtigall, ein Hahn oder ein Zeisig sein!?! Heute wäre das mit moderner Technik freilich kein Problem. Ein einfaches Uhrwerk, dazu etwas Elektronik und fertig. Die Kuckucksuhr ist aber ein traditionelles Produkt, das aus einer ganz anderen Zeit stammt.
Wer nun wirklich die Idee hatte, eine Kuckucksuhr zu entwickeln, lässt sich heute nicht mehr klären. Zu viele Geschichten, Mythen und Anekdoten ranken sich um diese symbolträchtige Uhr aus dem Schwarzwald. Sicher ist aber, dass erste Kuckucksuhren bereits aus dem frühen 17. Jahrhundert bekannt sind. Die typischen Schwarzwälder Kuckucksuhren kamen jedoch erst Anfang bis Mitte des 18. Jahrhunderts auf den Markt. Wir befinden uns also in der Zeit, in der die Dampfmaschine gerade dabei war, eine Industrielle Revolution auszulösen, Elektronik und Elektrotechnik aber noch lange nicht bekannt sein sollten. Aus diesem Grund kamen damals nur rein mechanische Lösungen für den Bau einer Kuckucksuhr in Frage.
Der Ruf eines Kuckucks lässt sich vergleichsweise einfach mit nur zwei Tönen nachahmen. Für das Krähen eines Hahns brächte es hingegen mindestens vier Töne und für den melodiösen Gesang anderer Vögel wären unzählige verschiedene Laute von Nöten gewesen. Da aber mehrere Töne immer auch eine Vielzahl an Bauteilen bedeutet hätten, wären die Uhren vom Aufbau her komplizierter, größer und auch wesentlich teurer geworden. Darüber hinaus ist und war der Kuckuck ein im Schwarzwald seit jeher heimischer Vogel. Aus diesem Grund kann davon ausgegangen werden, dass zum einen die Inspiration durch die heimische Tierwelt, als auch die vergleichsweise einfache Bauweise dazu führte, dass ein Kuckuck für die Uhren ausgewählt wurde.
Was also macht eine typische Kuckucksuhr aus?
Bei klassischen Kuckucksuhren handelt es sich in der Regel um mechanische Wanduhren mit Pendelwerk. In den letzten Jahren kommen außerdem auch verstärkt Modelle mit Quarzuhrwerk auf den Markt, dazu aber später. Klassische Kuckucksuhren verfügen über ein mechanisches Pendelwerk mit Kettenzug. Bis dahin nichts Besonderes. Das Geheimnis der Kuckucksuhr liegt aber in Ihrem Schlagwerk, das als akustisches Signal den Ruf eines Kuckucks imitiert. Außerdem sind alle Uhren mit einem mechanischen Kuckuck ausgestattet, der hinter einer Klappe im Gehäuse sitzt und sich immer zur vollen Stunde analog zu den Kuckucksrufen zeigt. Hiermit solle es übrigens geklärt sein, der Vogel muss nicht gefüttert werden. Zudem werden die Stunden durch die Kuckucksrufe gezählt, so ruft der Vogel je nach Uhrzeit zwischen ein und zwölf mal. Darüber hinaus ertönt meist ein Gong, Glockenspiel oder modellabhängig sogar eine Musikmelodie.
Klassische Kuckucksuhren sind in der Regel mit Holzschnitzereien verziert. Neben dem üblichen Zifferblatt der Uhr und der Klappe für den Kuckuck, können diese Verzierungen von Modell zu Modell jedoch stark variieren. Typische Motive sind Laub, Äste und Zapfen sowie Tiere wie beispielsweise Vögel, Hasen oder Hirsche. Auch die Pendel sind nicht selten mit einer passenden Schnitzerei verziert, die Gewichte am Kettenzug kommen meist in der Gestalt von Tannenzapfen daher.
Neben den klassischen und eher abstrakten Modellen aus meist einfarbig dunkelbraunem geschnitztem Holz, gibt es aber auch Uhren, die eine komplette Szenerie darstellen. Das Uhrengehäuse kommt hierbei in der Regel als Schwarzwaldhaus daher. Rund herum werden in großer Detailtreue einzelne Szenen aus dem Leben im Schwarzwald dargestellt. Auch gibt es Uhren, die neben dem mechanischen Kuckuck weitere bewegliche Elemente aufweisen. So dreht sich bei einigen Modellen zur jeweils vollen Stunde beispielsweise eine Tänzergruppe.
Wie aber funktioniert eine mechanische Kuckucksuhr eigentlich genau?
Grundsätzlich basiert die Mechanik von Kuckucksuhren auf dem Prinzip eines herkömmlichen Schlaguhrenwerks. „Vielen Dank für diese ausführliche Information!?!“, wird sich jetzt hier der eine oder andere denken. Aber keine Sorge, wir dröseln das so auf, dass es einfach und verständlich ist.
Ein Schlagwerk ist ein ausgeklügelter Mechanismus einer sogenannten Räderuhr. Räderuhr deshalb, weil sich in ihr unterschiedliche Räder drehen, die immer zum gewünschten Zeitpunkt eine besondere Aktion auslösen. So zum Beispiel das Rufen des Kuckucks zur vollen Stunde. Selbstverständlich können mit Uhren dieses Typs auch halbe oder viertel Stunden geschlagen werden, wir beschränken uns hier der Einfachheit halber aber auf volle Stunden.
Kuckucksuhren mit mechanischem Uhrwerk müssen „aufgezogen“ werden. Das heißt, ein Gewicht am Kettenzug wird von Hand ganz nach oben gezogen und bewegt sich im Folgenden permanent nach unten, sodass das Uhrwerk angetrieben wird. Gleichzeitig ist der Auslösemechanismus des Schlagwerks blockiert. Erst wenn der Minutenzeiger die 12-Uhr-Stellung erreicht, werden eine Reihe von Mechanismen ausgelöst, die die Blockierung des Schlagwerks für einen kurzen Moment aufheben und dafür sorgen, dass die Uhr gemäß der Stundenzahl schlägt. Hierzu ist ein Stufenrad mit zwölf Stufen an den Stundenzeiger gekoppelt. Wird die Blockierung in der 12-Uhr-Stellung gelöst, fällt ein Auslöser, der sogenannte Rechen, auf das Stufenrad. Je später die Uhr zeigt, desto weiter fällt der Rechen. Danach setzt sich abermals ein komplexer Mechanismus in Gang. Dieser bewirkt, dass zwei kleine, mit Gewichten beschwerte Blasebälge angehoben und wieder losgelassen werden. Diese wiederum blasen ihre Luft in eine Art kleine Orgelpfeife, die den Ruf des Kuckucks imitiert. Je nach Stundenzahl bzw. der Fallhöhe des Rechens sorgt der Machenismus dafür, dass die Betätigung der Blasebälge zwischen ein und zwölf Mal erfolgt.
Zusätzlich ist an diesen Mechanismus eine Schwenkvorrichtung gekoppelt, die bei Auslösung die Klappe für den Kuckuck öffnet und den Vogel in Richtung der Klappe bewegt. Auch weitere Elemente, die zur vollen Stunde eine Aktion ausführen, können an diesen Mechanismus gekoppelt werden. Bei besonders aufwendigen Uhren werden auch mehrere Schlagwerke verbaut.
Kuckucksuhren mit Quarzwerk
Heute gibt es darüber hinaus auch Kuckucksuhren, die mit einem Quarzuhrwerk versehen sind und mittels handelsüblicher Batterie betrieben werden. Vorteil ist hierbei, dass die Uhren deutlich kleiner gebaut werden können. So kommen Uhrwerke dieser Art nicht selten in modernen und besonders kleinen Kuckucksuhren zum Einsatz. Darüber hinaus müssen Uhren mit Quarzwerk nicht aufgezogen werden und laufen somit dauerhaft, ohne dass man sich regelmäßig darum kümmern muss.
Um es kurz zu machen…
Kuckucksuhren sehen nicht nur gut aus, sie sind auch ein echtes Stück Tradition aus dem Schwarzwald. Die Technik ist zwar mitunter für Außenstehende sehr verwirrend, gleichzeitig aber auch faszinierend und sehr beeindruckend. Kuckucksuhren können außerdem in vielerlei Formen daher kommen, aber eines haben sie gemein: Sie sind nur echt, wenn sie im Schwarzwald von Hand gefertigt worden sind.